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Mit ‘ddr’ getaggte Artikel

presseschau 3 – der letzte kommunist

Samstag, 04. April 2009

Dass Roland M. Schernikau im Jahr 1991, kurz nach dem Verschwinden der DDR starb, muss man nicht als Zeichen lesen. Todesursache waren die Folgen einer HIV-Infektion. Trotzdem ist sein herausragendes literarisches Werk undenkbar ohne die Utopie DDR. Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution mag solches Denken befremdlich wirken. Aber befremdet haben gute Bücher wie “Kleinstadtnovelle”, “Die Tage in L.” oder “Legende” schon immer. Ihnen und Matthias Frings’ Biographie sind zahlreiche Leser zu wünschen. tobias amslinger für den mdr

Das kurze Leben und das vielfältige Werk werden von Matthias Frings nicht als klassische Biografie dargestellt. Stattdessen lesen sich die 89 Sequenzen wie ein Film-Szenario. Handlungsbetonte Rückblenden aller Art wechseln mit eher reflexiven Passagen ab. Es ist nicht ganz einsichtig, warum die nonchalant eingestreuten Lebenserinnerungen des Biografen fast ein (geschätztes) Viertel des Textes einnehmen. Die Quellenlage und -verarbeitung ist ausgezeichnet. Frings konnte den bei Rainer Bohn (der übrigens den Briefwechsel Hacks – Schernikau 1992 vorzüglich edierte) liegenden Nachlass einsehen und ausführliche Interviews mit der Mutter Ellen Schernikau und dem Lebensgefährten Thomas Keck führen. Einige instruktive Abbildungen wirken als gelungene Ergänzung, ein Personenregister fehlt leider. Es sollte bei einer Neuauflage unbedingt hinzugefügt werden. Die den Titel charakterisierende Überpointierung (statt “letzter Kommunist” hätte es vielleicht “Communist und Literat” oder “einer der letzten Umsiedler” heißen können) findet sich auch im Buch selbst etwas zu häufig. Trotzdem zeugt die Arbeit des langjährigen Schernikau-Freundes von viel Fleiß und Sympathie. Es ist zu wünschen, dass weitere Studien, Neuauflagen und Editionen aus dem Nachlaß folgen. volker gransow fürs deutschland archiv und kulturation.de

entkoppelung im spiegel

Montag, 02. März 2009

warum sollte heute ein schriftsteller in unser interesse rücken, der wegen seiner politischen unbequemlichkeit sowohl in ost wie auch in west kaum gedruckt wurde?
weil wir, so könnte eine antwort lauten, heute, zwanzig jahre nach dem ende der ddr, möglicherweise eher in der lage sind, ein ästhetisches werk von seiner politischen ausrichtung zu entkoppeln. ein beispiel für so eine gelungene entkopplung ist der ddr-grossdichter peter hacks, der bis zu seinem tod im jahr 2003 die mauer pries und den massenmörder stalin und der nach der wende, als ein linker ddrler wie heiner müller längst vom deutschen feuilleton umarmt worden war, noch lange im abseits stand – aufgrund seiner politischen ansichten so geächtet, dass die qualität seiner verse nicht zählte.
das hat sich erst in den vergangenen jahren geändert, plötzlich ist auch peter hacks im traditionell bürgerlichen westdeutschen kanon willkommen.
mit ronald schernikau steht nun der nächste schriftsteller bereit … meint philipp oehmke im spiegel von heute.

presseschau 1 – der letzte kommunist

Sonntag, 01. März 2009

im folgenden auszüge aus ersten rezensionen, meistens mit link zum langtext. übrigens: im schernikau blog können sie auch ihre eigene rezension veröffentlichen.

So wurde aus dem Drehbuch ein dicker Prosa-Wälzer, eine Art erinnerte Biografie – anschaulich und szenisch, spannend und pointiert erzählt. Frings ringt unsentimental wie gründlich darum, seinen Freund zu enträtseln und schreibt doch streng aus seiner Sicht. birgit walter in der berliner zeitung

Frings hat populäre Bücher über männliche Sexualität, Homosexualität und Aids geschrieben, er war Radiojournalist und taz-Kolumnist sowie Fernsehproduzent und Moderator der ersten Erotiksendung im deutschen Fernsehen “Liebe Sünde”. Vor allem aber war Matthias Frings ein enger Freund Ronald Schernikaus – und genau das hat ihn dazu qualifiziert, eine intime, detailreiche und von der ersten bis zur letzten Seite unterhaltsame Biografie über einen Autor zu schreiben, dessen Leben auch traumhaft gewesen sein mag, in einem viel größeren Maße aber tragisch war – eine Folge fortgesetzter Niederlagen, eine Geschichte des grandiosen Scheiterns. susanne messmer in der taz

Frings hat jahrelang recherchiert, hat Interviews geführt, Schernikaus Nachlass gesichtet und Briefe gelesen, und doch ist “Der letzte Kommunist” vor allem ein Buch über Matthias Frings geworden; Schernikau spielt sozusagen die zweite Hauptrolle. jörg sundermeier in der fr

Der letzte Kommunist ist nicht nur wegen der zahlreichen kurzweiligen Anekdoten (Alltag schwuler Intellektueller, Beziehungsdramen, Aids-Hysterie, Nachtleben, Klatsch usw.), sondern auch wegen der detailverliebten und aus eigener Anschauung gespeisten Beschreibung eines Ambientes, eines Zeitkolorits, über weite Strecken ein Lesevergnügen – sofern es einem gelingt, von der zeitweise enervierenden Eitelkeit des Autors abzusehen, dem Alice Schwarzer bereits in den Achtzigern “viel Freude am Formulieren” attestierte und der fortwährend fast ebensoviel von sich selbst erzählt wie von seinen zeitgenossen … thomas blum in konkret 3/9